10.03.2024

Mediadelcom-Projekt stellt in Brüssel Empfehlungen für den Medienbereich vor

Drei Jahre lang erforschte ein Konsortium aus 14 Ländern unter Beteiligung des Erich-Brost-Instituts Risiken und Chancen für das Gelingen öffentlicher Kommunikation.

Das Mediadelcom-Konsortium lud Mitte Februar zu seiner Abschlusskonferenz ein. Foto: Richard Brandt

Auf deliberative Kommunikation als Ideal öffentlicher Debatten können sich viele Medienschaffende wie Forschende einigen: Im gleichberechtigten Austausch aller Betroffenen sollen Lösungen gefunden werden – allein auf Basis des besten Arguments, nicht etwa Machtstrukturen oder „Deals“. Doch was braucht Öffentlichkeit, damit dieses Ziel erreicht werden kann, welche Akteure spielen eine Schlüsselrolle, und wie lassen sich die Bedingungen für öffentliche Deliberation verbessern? Diese Fragen erforschte das im Horizon 2020-Programm der EU geförderte Mediadelcom-Projekt mit dem Erich-Brost-Institut als deutschem Partner, hier unter der Leitung von Marcus Kreutler und Prof. Dr. Susanne Fengler. Am 15. Februar fand nun die Abschluss-Konferenz in Brüssel statt.

Die dreijährige Projektlaufzeit gliederte sich vor allem in die Ausarbeitung des theoretischen Rahmens, das Erstellen von Länderfallstudien zu Monitoring-Kapazitäten im Medienbereich und wichtigen Entwicklungen seit dem Jahr 2000, und schließlich die Analyse des gesammelten Materials. Im Ergebnis konnten Kombinationen von Bedingungen identifiziert werden, unter denen deliberative Kommunikation besser – oder schlechter – funktioniert. Schließlich erstellten die Forschenden Szenarien für die weitere Entwicklung und medienpolitische Handlungsempfehlungen.

Aus der Breite der Forschung und auch der Adressaten ihrer Ergebnisse galt es nun, eine Konferenz für alle zu kreieren: Die Medienpolitik in der EU und den Mitgliedsländern, Forschung, Medien – letztlich die gesamte, interessierte Öffentlichkeit. Zrinjka Peruško vom Centre for Media and Communication Research der Universität Zagreb übernahm dabei eine forschungsorientierte Keynote, bei der sie Kernergebnisse des Mediadelcom-Projekts vorstellte. Ein Beispiel: Öffentliche Deliberation funktioniert den Daten zufolge besser in Ländern, in denen Menschen noch vergleichsweise hohes Vertrauen in journalistische Massenmedien haben – hohes Vertrauen in Social Media geht dagegen in den untersuchten Ländern mit weniger gesellschaftlicher Deliberation einher.

Die zweite Keynote beschäftigte sich aus einer anderen Perspektive mit den Gefahren für freie Medienberichterstattung. Wirtschaftliche Nachhaltigkeit sei eine Grundvoraussetzung für leistungsfähige und frei berichtende Medien, so Marius Dragomir, Direktor des Media and Journalism Research Center in Budapest. Damit war der thematische Bogen gespannt für Panel-Diskussionen und runde Tische: Die beiden Keynote-Speaker diskutierten mit Eric Heinze von der Queen Mary Unviversity in London und der rumänischen Mediadelcom-Vertreterin Ioana Avădani über Ost-West-Unterschiede im Mediensektor. Michał Głowacki und Marcus Kreutler vom Mediadelcom-Projekt sprachen mit Renate Schroeder von der Europäischen Journalisten Föderation und Laura Becana Ball vom Global Forum for Media Development über das Zusammenspiel unterschiedlicher Akteure für gelingende öffentliche Kommunikation sowie über den geplanten European Media Freedom Act. Und schließlich lud Daniel Hallin aus dem Mediadelcom-Beratergremium alle Anwesenden zu einem Austausch der unterschiedlichen Perspektiven ein.

Kann die Veranstaltung eines wissenschaftlichen Projekts so unterschiedliche Adressaten wie kommunikationswissenschaftliche Forschung, Medienpolitik und Medienpraxis gleichzeitig ansprechen? Die Wortmeldungen aus dem Publikum deuten jedenfalls darauf hin: Journalist:innen meldeten sich ebenso zu Wort wie Repräsentant:innen von NGOs oder Vertreter:innen von Medienaufsichtsbehörden. Die Journalistenausbildung war sowohl aus der Perspektive der Lehrenden als auch der Studierenden vertreten, die wiederum ihre Ansprüche und Wünsche an eine zukunftsgerechte Ausbildung für die Moderation öffentlicher Debatten deutlich machten.

Der Austausch mit den Studierenden wurde auch ermöglicht durch Exkursionen der slowakischen und deutschen Projektpartner. Vom Institut für Journalistik (IJ) nahmen neun Studierende an der Veranstaltung teil und brachten einen wertvollen Blickwinkel in die Diskussion ein. Für sie wurde die Reise durch Besuche bei EU-Institutionen am Vortag komplettiert.

Einen Einblick in Methodik und Länderfallstudien bietet auch eine Reihe von Veröffentlichungen beim European Journalism Observatory.

Mehr Informationen zum MEDIAdelcom-Projekt finden Sie hier.